Libor Veselský aus Břeclav verwandelte sich für einige Stunden in einen Frosch, um unter dem Eisernen Vorhang hindurch bis nach Österreich zu schwimmen. Mit der Möglichkeit eines Fluchtversuchs unter Wasser rechneten die tschechoslowakischen Grenzschützer natürlich, und so wurde dort, wo ein Wasserlauf die Grenze bildete, sofort geschossen, wenn nur ein paar Luftblasen an die Oberfläche traten.

Um Mitternacht an einem Junitag des Jahres 1987 schlüpfte Veselský in seinen Taucheranzug. Am Rand der Grenzstadt Břeclav kroch er wie ein Frosch ans Ufer der Thaya, denn niemand durfte ihn sehen. Er hat nicht nur eine vollständige Taucherausrüstung samt Druckluftflasche, sondern vor allem auch riesige Angst. Er wird etwa vier Kilometer weit im kalten Wasser schwimmen und dafür rund der Stunden benötigen. Dabei wird er auch die „Todesbrücke“ passieren müssen, von der aus Grenzsoldaten mit Maschinenpistolen jede Bewegung im Wasser beobachten.

Libor Veselský, damals einunddreißig Jahre alt und von Beruf Kraftfahrer, hatte sich auf seine Flucht gründlich vorbereitet. Er hatte einen Baumstamm so ausgehöhlt, dass er sich darin verbergen konnte. Es war nichts Besonderes, dass die Thaya Baumstämme aus den Auwäldern mit sich riss, und so musste es auch für die Grenzsoldaten ein bekanntes Phänomen sein. Einen großen Vorteil hatte Veselský dadurch, dass sein Haus in Břeclav direkt am Fluss stand.

Als er in das dreizehn Grad kalte Wasser glitt, war der gefährlichste Flussabschnitt noch ein ganzes Stück entfernt. Dieser begann erst, als er den Grenzstreifen erreichte. Dort musste er mit dem Baumstamm völlig eins werden und für eine Zeitlang auch das Atemgerät abstellen, um sich durch keine Luftblasen zu verraten.

Es gelang ihm, unbemerkt unter der von den Grenzschützern bewachten Brücke durchzuschwimmen. Etwa einen Kilometer weiter flussabwärts stieg er auf der österreichischen Seite aus dem Wasser. Erst als er das erste Dorf erreichte, hatte er Gewissheit, dass er es nach Österreich geschafft hatte.


Fotobeilagen

Libor Veselský
Libor Veselský

Rekonstruktion der Flucht
Rekonstruktion der FluchtRekonstruktion der FluchtRekonstruktion der Flucht

Die Thaya
Die Thaya


Routenvorschlag

  1. Břeclav, Veselskýs Wohnhaus am Fluss
  2. Břeclav, der Fluss, in dem Veselský schwamm
  3. Břeclav, Brücke vor der Staatsgrenze, wo der Grenzschutz wachte
  4. Österreichische Seite der Thaya